ÜBERSETZUNG DER GRÜNDUNGSURKUNDE DES ZISTERZIENSERINNENKLOSTERS
ST. MARIENSTERN VON 1248
Im Namen unseres Herrn Jesus Christus. Amen
Der Herr spricht in seinem Evangelium: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen. Wenn der Herr es nicht verschmäht, unter einer Anzahl von wenigen Personen zugegen zu sein, so ohne Zweifel, wenn nicht mit noch größerer Gewissheit, wo eine größere Zahl geistlicher Personen versammelt ist. Denn durch die Lobpreisungen vieler mehren sich Lob und Ehre des Herrn.
Was in der Zeit entstanden ist, schwindet mit der Zeit dahin, wenn es nicht durch schriftliche Erinnerung oder durch die mündliche Bestätigung der Zeugen Dauerhaftigkeit erhält. Der Gegenwart und der Zukunft wollen wir daher zur Kenntnis geben: Wir, Witego von Kamenz, mit unseren Brüdern Bernhard und Bernhard, mit unseren Schwestern und mit unserer geliebten Mutter, der Frau Mabilia, haben uns vorgenommen, mit der Hilfe Gottes ein Nonnenkloster des Zisterzienserordens zu bauen, zur Ehre Gottes, seiner heiligen Mutter, der Jungfrau Maria, und aller Heiligen und zum Seelenheil unseres Vaters, des verstorbenen Herrn Bernhard frommen Angedenkens, und all unserer Vorfahren. Das Kloster soll auf unserem Erb und Eigen bei dem Dorfe Wittichenau errichtet werden, an einer Stelle, die wir als besonders geeignet ansehen werden.
Damit die Frauen, die an diesem Orte dauernd wohnen sollen, dem Herrn umso williger dienen und der Regel ihres Ordens folgen können, um ferner zu verhindern, dass sie wegen der Notdurft des Lebens sich mit weltlichen Geschäften zerstreuen, haben wir ihnen die Pfarrei in Crostwitz übereignet mit Wiesen, Weiden, Fischteichen, Wäldern, Erträgen und allen Einkünften, die zu der Pfarrei gehören. Diese sollen auf alle Zeit rechtmäßig ihnen gehören. Die Kirche [in Crostwitz] ist mit folgenden Einkünften ausgestattet: Das Dorf Nausslitz, das aus zwölf gerodeten Hufen besteht, von denen jede einen jährlichen Zins von einer halben Mark Silber abwirft; im Dorf Crostwitz eine Hufe und im Dorf Kuckau eine weitere, die denselben Zins entrichten. Außerdem haben wir den Frauen in demselben Dorf ein Freigut von vier zinsfreien Hufen zur Selbstbewirtschaftung übertragen. Ferner sollen die Frauen ein Talent Pfennige vom Zoll zu Königsbrück erhalten, das der Kirche zu Crostwitz gehört. Desgleichen wollen wir, dass ein Wald, den die Crostwitzer Kirche seit ihrer Gründung bis zum heutigen Tage besitzt, den Frauen dauerhaft gehören soll. Sie können ihn zur Erbauung des Klosters oder zu anderen Zwecken und Lebensbedürfnisse nutzen.
Ebenso haben wir in der uns gehörenden Stadt Kamenz die Pfarrei mit all ihrem jetzigen und zukünftigen Besitz den Nonnen, den jetzigen und ihren Nachfolgerinnen, übertragen, auf dass sie die Pfarreinkünfte für immer genießen mögen. Die Kaplane, die in diesen Pfarreien in Zukunft nach dem Willen der Nonnen und ihrer Nachkommen und nach Wahl der Parochianen eingesetzt werden, sollen freilich nicht Jahr um Jahr wechseln, sondern sie sollen mit einem angemessenen Pfründeeinkommen als ständige Pfarrverweser angestellt sein. Was an zusätzlichen Pfarreinkünften anfällt, soll dem Bedarf der Nonnen zugewandt werden und ihnen jederzeit zur Verfügung stehen. Allerdings fügen wir diese Klausel ein: Der Bischof der Diözese und der Archidiakon dürfen im Hinblick auf die beiden Pfarreien in ihren Rechten nicht eingeschränkt werden.
Ebenso soll den Nonnen dauerhaft, rechtmäßig und unwiderruflich gehören: das Hospital bei unserer Stadt mit zwei Freihufen und einer Mühle, die vom Hospital abgesondert liegt, mit dem Strauchwerk im Umkreis um das Hospital, mit bebauten und unbebauten Äckern, sodann zwei Fleischbänke auf dem Markt und ein Talent vom Zoll in Königsbrück.
Wir wollen, dass die Nonnen die Güter, die wir ihnen überwiesen haben, mit derselben Freiheit gebrauchen wie sie uns zunutze waren. Außerdem ist es unsere feste Absicht, das Kloster mit frommer und väterlicher Liebe zu umfangen und, solange wir leben, die dort in Armut lebenden Personen samt ihrer Habe gegen jeden zu verteidigen, der diesen Ort bedroht, mit aller Beherztheit, derer wir fähig sind: Der Herrgott, der Vergelter alles Guten, möge es uns lohnen, die wir so oft in die Übel dieser Zeit verstrickt sind, und unserer Seele Trost spenden nach unserem Tode.
Diese unsere Stiftung haben wir und unsere Brüder feierlich vollzogen und in Gegenwart ehrbarer Männer, deren Namen unten niedergeschrieben sind, in frommer Gesinnung auf dem Altare niedergelegt. Damit sie rechtskräftig und unverbrüchlich gelten soll, haben wir die Vorgänge in der hier vorliegenden Urkunde niederschreiben lassen und mit unseren anhangenden Siegeln bekräftigen lassen.
Zeugen dieser Handlung waren: Bruder Stephanus vom Orden des Hl. Franziscus, Bruder Günter von demselben Orden und der Priester Friedrich; sodann die ehrbaren Ritter Richard von Dahme, Dietrich von Hain, Grabisius, Konrad von Gelenau, Walter von Reichenbach, Gunzelin von Prautitz; sodann die Kaufleute Konrad von Brück, Hermann von Hain und Hermann von Radeburg, Gottschalk von Wiese, Bertold Wolf und noch andere wahrheitsliebende Personen.
Diese Verhandlung fand statt in unserer Stadt Kamenz im Jahre des Heils 1248, den 13.0ktober.